Fossilien ohne Grenzen

Publiziert: 1 Juni 2014

Rund um den Monte San Giorgio bieten sich spektakuläre Einblicke in die exotische Urwelt des Lebens in der Trias und im Jura. Eine Zeitreise für die ganze Familie.

Zeitreisen sind möglich. Im Süden des Tessins steht eine Zeitmaschine, die sogar die bis dato für unmöglich erachteten Reisen in die Vergangenheit ermöglicht. Der Einstieg liegt in Meride, hinter der Fassade eines vom Star-Architekten Mario Botta renovierten, alten Hauses in der Via Bernardo Peyer 9. Während des Besuchs ersteht sie im Geiste vor uns: die geheimnisvolle, fremde Urwelt der mittleren Trias...

Ein Erfahrungsbericht


So sah das Tessin vor 240 Millionen Jahren aus: Rundherum glitzert ein weites, inseldurchsetztes Meer. Der Anblick erinnert stark an die Karibik, doch das ist falsch – es ist das Tethys-Meer. Vergeblich suchen wir nach dem vertrauten Anblick des Monte San Giorgio. Aber da ist nichts, nur Wasser. In der Ferne entdecken wir Land! Es ist die sumpfig-grüne Küste von Laurasia, der nördlichen Landmasse des Superkontinents Pangaea. Dort landen wir.
Beim Aussteigen schlägt uns ein heisser Wind entgegen. Ein hohes, irritierendes Summen dringt ins Ohr. Gab es denn in der Trias schon Mücken? Welche Erleichterung, als sich das Insekt als eine "Tintorina" entpuppt, eine Eintagsfliege! Plötzlich raschelt es zwischen den Farnen. Eine schmale Echse rennt auf langen Hinterbeinen vorbei. Hinter ihr bricht ein erheblich grösseres, gedrungeneres Reptil aus dem Dickicht, vom reisszahnbewehrten Maul bis zur Schwanzspitze gut zweieinhalb Meter lang: Ticinosuchus, trotz seines heimeligen Namens ein gefürchteter Räuber.
Bevor wir nähere Bekanntschaft machen, ziehen wir uns wieder in unsere Zeitmaschine zurück, tauchen ab ins Tethys-Meer. Pflanzenreste, die der Wind hineingetrieben hat, schweben vorbei, Schachtelhalme, Palmfarnblätter, Nadelbaumzapfen. Seltsame Knochen- und Knorpelfische schwimmen vorüber, Ammoniten mit spiralförmigen Gehäusen. Die Schuppen eines Saurichthys glitzern im einfallenden Sonnenlicht. Nachdem es gelang, einen zu fangen, ergibt eine Untersuchung, dass dieser Fisch erstaunlicherweise Embryonen in sich trägt, keine Eier.

Ein Meer von Fossilien


Rund 20.000 versteinerte Tier- und Pflanzenreste wurden bis dato am Monte San Giorgio geborgen – eine der aufschlussreichsten paläontologischen Fundstellen der Welt. Es ist der versteinerte Boden des Thetys-Meeres, der durch das Aufeinandertreffen zweier tektonischer Platten mit unvorstellbarer Gewalt nach oben gedrückt und zum Berg wurde. Das gesamte Gebiet ist Unesco-Welterbe. Eine Voraussetzung hierfür war, dass die beiden teilhabenden Staaten, die Schweiz und Italien, gemäss eines länderübergreifenden Managementplans zusammenarbeiten. Tatsächlich lohnt nicht nur der Besuch des sehenswerten Fossilienmuseums im Schweizer Meride, sondern auch die Fahrt über die Grenze nach Besano. Auch dort sind sie zu bestaunen, die versteinerten Protagonisten der Trias. Superstar der Ausstellung ist ein sechs Meter grosser Meeresbewohner, ein weiblicher Besanosaurus mit mehreren, gut sichtbaren Jungen im Leib.

Vom Ticinosuchus zum Besanosaurus


Wer nicht nur das Museum in Meride, sondern auch die stark fossilhaltige Umgebung erkunden will, macht sich am Samstag, dem 19. Juli, oder am Samstag, dem 2. August, noch einmal auf ins Mendrisiotto. Die vierstündigen Sonderführungen beginnen jeweils um 13.00 Uhr.
Spannend lässt sich auch der 23. August an: Unter dem Motto "Fossilien ohne Grenzen" geht es über den geopaläontologischen Wanderweg vom Tessiner Melide ins italienische Besano – auf eine Reise vom Ticinosuchus zum Besanosaurus.
Um Anmeldung wird gebeten.

Info

Fossilienmuseum Meride
Via Bernardo Peyer 9
6866 Meride
+41 91 640 00 80
info@montesangiorgio.org
www.montesangiorgio.org
www.mendrisiottoturismo.ch
www.ticino.ch

Preis
Erwachsene CHF 12.- Kinder bis 6 Jahre gratis, von 6 bis 16 Jahren CHF 6.- Studierende, AHV- und IV-Ausweis CHF 8.-

Wann

Di-So von 9.00 bis 17.00 Uhr, Pfingstmontag geöffnet, ansonsten montags geschlossen

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